von 1332 bis 1718 und von 1723 bis heute (1923)
Von Nikolaus Bitto, Redakteur der „Arader Zeitung“
Im päpstlichen Zehentregister des Jahres 1332 finden wir an Stelle der heutigen Gemeinde Neuarad eine blühende Pfarrgemeinde namens Skela. Wie „blühend“ zu jener Zeit die Gemeinden waren, haben wir längst aus der Geschichte ersehen. Oftmals bildeten einige Hütten eine Gemeinde und nachdem in einer dieser Hütten zufällig auch der Prediger wohnte, mussten die Nachbarhütten, welche nicht die Ehre hatten in ihrem Innern einen Pfarrer zu beherbergen, in diese „blühende“ Gemeinde zum Gottesdienst gehen. Anzunehmen ist jedenfalls, dass das einstige Skela im 14. Jahrhundert nicht so blühte, wie das heutige neben Neuarad befindliche G l e i c h e n b e r g, welches auch jetzt noch aus „ganzen“ 13 Häuser besteht und sich trotzdem es unter der Vormundschaft Micalakas steht und zum Arader Stuhlbezirk gehört, als „Gemeinde“ ganz wohl fühlt.
Neuarads Schicksal hat sich ohne Zweifel erst im Jahre 1718 entschieden, als es sich durch die Anziehungskraft der nebenan befindlichen Stadt Orod) emporgehoben fühlte und langsam zu leben anfing. Die Stadt A r a d selbst kennt man erst aus der Zeit König Stefan des Heiligen am besten, wo sie durch seinen ausgesandten Gründer und Führer Orod, welcher den Heidenführer Achtum geschlagen hat, an der Stelle des jetzigen Glogovatz eine gute halbe Stunde Fußmarsch vom heutigen Arad entfernt unter dem Namen Orod in der Geschichte vorkam und später, König Bela der Blinde die erste Probstei errichtete und die Sage zu berichten weiß, dass beim Landeskongreß des Jahres 1132 die 62 Parteimänner ermordet und in der Nähe der „Stadt“ verscharrt wurden.
Die Tatarenstreifzüge, welche damals das Land heimsuchten, haben nachdem sie rechts und links der Marosch die ganzen Gemeinden ausplünderten auch Arad nicht verschont. Konnten jedoch nicht in die Festung einbrechen, bis im Jahre 1551 die siegreichen Türken eindrangen und die Bewohner aus derselben teils freiwillig teils mit Gewalt auswanderten und sich eine halbe Stunde von ihren früheren Wohnhäuser neue bauten: das heutige Arad. Die Stadt Arad selbst, zählte damals nur 1100 Häuser und gegen 8000 Einwohner, die Größe würde ziemlich dem heutigen Neuarad-Sigmundhausen oder noch besser Neusanktanna entsprechen, von welcher der größte Teil Serben war, welche sich mit den wenigen anderen Nationen nicht vertrugen und ein „Viertel“ die auch noch heute sogenannte Ráczváros bildeten. Der schwarze Tod, welcher zweimal die Stadt heimsuchte, hat sie zu einer toten Stadt gemacht und erst dann fing sie wieder zu blühen an, als die Türken auch von hier vertrieben wurden und Graf Mercy begann mit der Kolonisierung des Banates und dem heutigen Neuarad.
Neuarads erste größere Ansiedlung fällt in die Zeit vom Jahre 1720-23 als die ersten deutschen Kolonisten aufgemuntert von ihren Angehörigen den schon angesiedelten deutschen Soldaten der glorreichen Prinz-Eugen-Armee die heimatliche Scholle verließen und nach Besserem suchend, keine Mühe und Strapazen scheuend in das Ungewisse in den Tod zogen…
Die ersten Neuarader waren größtenteils Franken; daher ist auch heute noch die Benennung der Frankengasse zurückzuführen.
Später, im Jahre 1762, als die ersten Bahnbrecher schon fast alle der Pest, Cholera und dem Sumpffieber zum Opfer fielen, kamen abermals unter Führung eines Herrn von Neumann 42 Kolonisten aus dem Elsaß-Lothringen, Württemberg, Pfalz aus dem pfälzischen Dorfe Oberweiler, aus welchem Grunde die heutige Lange Gasse auch jetzt noch Oberweilergasse genannt wird, nach Neuarad und düngten mit ihren deutschen Knochen den heutigen fruchtbaren Boden, welcher damals nur das eine Gute in sich hatte, dass er in der Nähe eines Flusses der Marosch lag und seine Erde fett wie Butter war…
Arad selbst, die Stadt, das Zentrum und der heutige Knotenpunkt, sollte auf Wunsch Maria Theresias auf die heutige Zimander Pussta verlegt werden und da man diesem Wunsch, welcher übrigens ein Plan des Baron Harsch war nicht nachkam, wurde die ungehorsame Bevölkerung damit gestraft, dass eine lange Zeit hindurch kein neues Haus gebaut werden durfte. Kaiser Josef II. zog nun endlich diese Verordnung zurück, brachte deutsche Handwerker nach Arad und erst im Jahre 1843 wurde die Stadt zur königl. Freistadt emporgehoben. Die Revolutionsjahre 1848 haben die Stadt und Umgebung Arads wieder um einen guten Teil im wirtschaftlichen Leben zurückgeworfen und erst in den 70-er Jahren nach dem Ausgleich begann die allgemeine Entwicklung. Neuarad selbst erhielt, als der Schweiß der Ersten schon in die Scholle geflossen war im Jahre 1764 abermals einen „Zuwachs“ von 82 Deutschen aus dem Schwarzwald, Großherzogtum Hessen und Württemberg, welche sich schon über die erste Kirche, welche im Jahre 1725 aus Stein gebaut wurde, staunen und in derselben als anständige Christen Gott dem Herren für ihre glückliche Reise dankten. Die Stelle dieser ersten Kirche soll angeblich dort gewesen sein, wo die heutige Bürgerschule ist und wenn Mutmaßungen nicht täuschen, so stammen die vielen Menschenknochen, welche man auch jetzt noch bei etwas tieferem in die Erde graben in den heutigen Gemüsegärten, hinter der Bürgerschule, findet, umso mehr von diesem Kirch-(Fried-)hof her, da doch bekanntlich früher (wie dies auch jetzt noch in altdeutschen Gemeinden Süddeutschlands und Tirols der Fall ist), der Friedhof, der mit der Kirche verbundene Kirchgarten war.
Die zweite Kirche, besser gesagt die heutige, wurde vor 100 Jahren also im September des Jahres 1823 fertig und unter Dechantschaft Lebzelters eingeweiht. Die Baukosten trug damals die adelige Patronatsfamilie Lovász de Ötvenes, welche Besitzer der
Neuarader Bierbrauerei und mehr als 30.000 Joch Feld war. Das Gründungsjahr der heute durch ihr berühmtes „Bika-“ und „Doppelmärzen-Bier“ im ganzen Lande bekannten Baronin Nopcsa’sche Bierbrauerei kann nicht ganz genau festgestellt werden. Tatsache ist jedoch, dass bei der Schwabeneinwanderung vor 200 Jahren Neuarad noch keine Bierbrauerei hatte und die ersten Aufzeichnungen von der schon lange im Betrieb befindlichen Bierbrauerei aus dem Jahre 1752 stammen, zu welcher Zeit der Eigentümer derselben die obenerwähnte Familie Sigmond Lovaß war. Die Bierbrauerei, welche ohne Zweifel erst von deutschen Handwerkern gebaut wurde, und Besitzungen der Familie Lovaß übergingen im weiblichen Zweig auf den Grafen Ladislaus Zelensky aus welcher Familie die heutige Grundherrin und Besitzerin der nun im modernen Styl ausgebauten Bierbrauerei Frau Baronin Alexius Nopcsa geb. Gräfin Mathilde Zelensky stammt, welche durch ihre viele Wohltaten berühmt ist und selbst keine Mühe und Arbeit scheuend die Leitung der Brauerei führt.
Neuarads weitere Sehenswürdigkeit ist der besonders von den Arader Ausflügler und Feinschmecker gern aufgesuchte Feengarten (Tündérkert) welcher aus drei Joch besteht und außer der schönen Gartenanlage einige gedeckte schöne Verandas hat. Der Feengarten ist, wie das Wort selbst schon sagt, etwas Feenhaftes und wurde ebenfalls von der herrschaftlichen Familie angelegt, damit die Bevölkerung Neuarads, unter welcher sich viele Fabriksarbeiter der Arader Fabriken befinden, eine Erholungsstätte hat. Den Eingang zu diesem großen Garten bildet, dass schon seit jahrzehnten berühmte Gasthaus „Zur Traube“, welches ebenfalls der Baronin Napcsa gehört und derzeit von Herrn Ladislaus Lutai in Pacht geführt wird. Als Neuarader Seltenheit kann man scheinbar noch besonders das einzige Kolonistenhaus zählen, welches es in seinen Mauern hat und in der Ledergasse von Frau Witwe Beschel geb. Künstler bewohnt wird. Dieses Haus zeigt noch ganz deutlich den Styl und Bauart derjenigen Häuser, welche die ersten Neuarader bei der Ansiedlung gebaut haben. Außerdem war das erste Gemeindehaus zu jener Zeit nicht im Zentrum Neuarads, sondern dort, wo heute die Kolb’sche Mühle ist.
Unter den Vereinen arbeitet am meisten der schwäbische Landwirtschafts Verein welchem wir auch hauptsächlich dieses Fest verdanken können.
Viel gewonnen hat Neuarad und sein Stuhlbezirk in den letzten vier Jahren durch seinen menschenfreundlichen, humanen
Oberstuhlrichter Dr. Sever Mladin welcher seiner Jugend halber zwar manchmal von falschen Ratschlägern irregeführt wurde, aber immerhin für das Wohl und Heil seines Bezirkes und der Bevölkerung viel dazu beitrug, dass die Schwaben der Gemeinde Neuarad und Umgebung mit den dort lebenden rumänischen Mitbürgern im besten Einvernehmen leben.
Dies ist beiläufig die geschichtliche Entwicklung Neuarads. Einst war es Kummer und Sorgen welche der ständige Krieg auf unser Ahnen brachte und sozusagen zwang die alte Heimat im Stiche zu lassen und sich aus einer sumpfigen Wildnis eine neue zu schaffen.
Heute haben wir nun 200 Jahre der Arbeit hinter uns und die Gemeinde Neuarad will zeigen, was sie bisher geschaffen hat, wie sie sich entwickelt hat und was für unbezahlbare Schätze ihre Hände Schwabenfäuste aus dem Boden schuf.
Dieser gefasste Neuarader Geschichte konnte ich zweierlei abgewinnen:
Sie ist mit Herz geschrieben und auch noch von meinem Großonkel – dem späteren Verleger Nik Bitto (Bruder meiner Großmutter väterlicherseits).
Herzlichen Dank!